08 Okt. 2025

Buchtipp André Gödecke: Das dialogische Prinzip von Martin Buber

Heute gibt es im HALLIANZ-Buchclub der HALLIANZ für Vielfalt einen Buchtipp von André Gödecke:

Buch „Das dialogische Prinzip von Martin Buber“:

„Ich habe keine Lehre, aber ich führe ein Gespräch.“

… schrieb Martin Buber und plädierte damit im Sinne seiner Dialogphilosophie für das Wagnis einer rückhaltlosen Begegnung im Gespräch.

Auch vor über 100 Jahren standen Leute wie er wohl vor der Frage, wie sie inmitten scharfer Polemik und rollenspielartig ablaufender Debatten zum Kern vordringen können – also zu dem, was für die am Gespräch beteiligten Menschen auf einer ganz persönlichen Ebene wesentlich ist bzw., was für die Gemeinschaft von Belang ist.

Buber meinte eine Qualität von Gespräch, welche aufgrund radikaler Ehrlichkeit und einer bedingungslosen gegenseitigen Zugewandtheit das Potenzial besitzt, tiefgreifende Momente von Verstehen und Verständnis anzubahnen – und mitunter sogar zu bewirken, dass die Beteiligten verändert aus einem solchen Gespräch hervorgehen.

Seit ich vor über 15 Jahren das erste Mal Bubers Werk „Das dialogische Prinzip“ las, hat mich die Frage nach der Möglichkeit solcher Art von Begegnungen nicht mehr losgelassen. Ich begann im Rahmen meiner Seminartätigkeit damit zu experimentieren und löste mich von manch althergebrachter, schematischer Form in der Erwachsenenbildung. Immer wieder  staune ich darüber, welch tiefgreifende Prozesse dadurch angestoßen werden und wie Verbindung entsteht, wo vorher nur trennende Vorannahmen oder Unsicherheiten waren.

Zwei Erkenntnisse aus diesen Jahren:

  • Es braucht nicht zwingend eine besonders herausgehobene Atmosphäre (bspw. ein gediegenes Seminarhaus mit Kaminzimmer) oder ein aufwändig vorbereitetes Setting. Immer wieder sind es auch scheinbar „banale“ Anlässe, in denen sich dialogische Qualität entfaltet: im Großraumabteil der Bahn, am Rande einer Party oder im Rahmen eines Seminars, in dem aufgrund von „Technik die begeistert“, die Powerpoint-Präsentation nicht zum Einsatz kommen kann.
  • Dialog lässt sich nicht machen: Er stellt sich früher oder später ein, er entfaltet sich, er kommt zum Schweben – oder eben auch nicht. Natürlich tragen Erfahrung in dialogischer Prozessbegleitung und liebevoll vorbereitete Settings mittlerweile dazu bei, das die Idee in den allermeisten Fällen verfängt. Gibt es in einer Gruppe jedoch aus bestimmten Gründen keine Bereitschaft, sich auf einer persönlichen Ebene einander zu öffnen, plätschert der Austausch an der Oberfläche dahin. Ich habe gelernt, mit diesem Risiko zu umzugehen, mich in solchen Fällen einmal mehr selbst persönlich einzubringen und offen zu bleiben für überraschende Wendungen.

André Gödeckes Fazit:

„Buber meinte eine Qualität von Gespräch, welche aufgrund radikaler Ehrlichkeit und einer bedingungslosen gegenseitigen Zugewandtheit das Potenzial besitzt, tiefgreifende Aha-Effekte anzubahnen – und mitunter sogar zu bewirken, dass die Beteiligten verändert aus einem solchen Gespräch hervorgehen.“

André Gödecke arbeitet als selbständiger Dialogbegleiter, Mediator und Moderator. Er begleitet als Moderator die Dialogreihe „Dazusetzen & Mitreden“: https://andregoedecke.de/